Nachhaltigkeit im Verein: Was wirklich zählt, wenn man nicht nur drüber reden will

Nachhaltigkeit ist das Wort der Stunde. Steht mittlerweile auf jedem Werbeplakat, in jeder Bewerbung und auf immer mehr Einladungen zu Vereinsversammlungen. Doch im Alltag? Da liegt die Plastikwurst noch immer im Styroporbehälter und der dritte Trikotsatz in zwei Jahren wird gerade bestellt.

Wer wirklich nachhaltig handeln will, braucht keine Öko-Workshops oder Nachhaltigkeitsbeauftragten mit Hoodie und Flipchart. Sondern Mut, Gewohnheiten zu durchbrechen. Und Ideen, die funktionieren.

Hier sind keine Floskeln – hier sind fünf echte Hebel, mit denen Vereine nachhaltiger werden, ohne dabei das Vereinsleben auszubremsen.

1. Einführung eines „Tauschmonats“ im Verein

Statt jedes Jahr eine neue Sammelbestellung zu starten, führt einmal im Quartal oder zweimal im Jahr einen internen „Tauschmonat“ ein. Alle Mitglieder bringen mit, was sie nicht mehr brauchen – Trikots, Schuhe, Schläger, Instrumente – und stellen es zur Verfügung.

Wichtig: Das Ganze nicht „verschenken“ nennen. Tauschen ist emotional anders – da behält jeder das Gefühl, dass sein Eigentum weiter Bedeutung hat.

Praxis-Tipp: Tauschangebote an der Pinnwand im Vereinsheim oder im WhatsApp-Status der Trainer*innen posten. Und: Am besten gleich als Event mit Grill und Getränken aufziehen.

2. Beschaffungsrichtlinien aufstellen – mit gesundem Menschenverstand

Viele Vereine bestellen nach Bauchgefühl: „Die Pokale vom letzten Mal waren gut“ oder „Der Busfahrer kannte wen beim Sportladen“. Stattdessen: Eine einfache Liste mit drei Kriterien festlegen, an denen jede größere Anschaffung geprüft wird:

  • Ist das gebraucht oder leihbar verfügbar?

  • Können wir bei regionalen Anbietern bestellen, auch wenn es 15 € teurer ist?

  • Ist das, was wir kaufen, langlebig und reparierbar?

Praxis-Tipp: Nur Produkte anschaffen, bei denen auch eine Weiterverwendung im Verein denkbar ist. Beispiel: Bei Medaillen auf Jahrgang und Ort verzichten, damit sie wiederverwendet werden können.

3. Lager sichtbar machen – Chaos kostet Ressourcen

In fast jedem Vereinsheim gibt es einen Schrank, in dem irgendwo 27 Trikotsätze lagern. Doch keiner weiß genau, was da liegt – also wird neu bestellt. Nachhaltigkeit beginnt mit Sichtbarkeit.

Praxis-Tipp: Einmal im Jahr eine Bestandsaufnahme machen. Alles ausbreiten. Fotografieren. Liste erstellen. Aushängen. Was sichtbar ist, wird genutzt.

➡ Noch besser: Lagerverwaltung durch ein einfaches Fotoboard im Gruppenraum. Je Artikel ein Bild + Größe + Standort.

4. Events neu denken – ohne den Nachhaltigkeits-Kitsch

Keine Stofftaschen mit Sprüchen, keine Alibi-Pflanzaktionen. Sondern wirklich durchdachte Events:

  • Getränke im Pfandsystem

  • Kein Einweg-Geschirr, auch wenn’s mehr Aufwand ist

  • Essensplanung nach Teilnehmerzahl – keine 50 Bratwürste auf Verdacht

  • Leftovers am Ende verschenken oder mitgeben lassen

  • Auf kleine Gewinne setzen, die nützlich sind (z. B. Vereinsgutscheine statt Pokale)

Praxis-Tipp: Für jede Veranstaltung eine Person bestimmen, die explizit nur für „Resteverwertung und Müllvermeidung“ zuständig ist. Kein Ehrenamt, sondern ein Ehrentitel.

5. Wissen im Verein halten: Nachhaltigkeit dokumentieren

Viele nachhaltige Ideen scheitern nicht am Willen – sondern am Vereinswechsel. Der engagierte Jugendtrainer zieht um, der smarte Platzwart geht in Rente, und mit ihnen verschwindet das Wissen. Nachhaltigkeit braucht Wiederholbarkeit.

Praxis-Tipp: Eine „grüne Mappe“ anlegen – digital oder analog – in der alle nachhaltigen Praktiken dokumentiert werden. Wie wurde bei Turnier X eingespart? Welche Produkte haben sich als langlebig erwiesen? Welche Kontakte sind sinnvoll?

➡ Bei jedem Vorstandswechsel ein kurzes Briefing einbauen: „Was hat sich bei uns in Sachen Nachhaltigkeit bewährt?“ – das allein verändert schon mehr als jede Urkunde.

Fazit: Nachhaltigkeit im Verein beginnt dort, wo keiner hinschaut

Nicht bei der Vision, sondern im Geräteraum. Nicht im Leitbild, sondern bei der Essensplanung fürs nächste Grillfest.

Wer wirklich etwas ändern will, braucht kein Budget. Sondern System, Klarheit und das Vertrauen, dass auch kleine Dinge große Wirkung haben.

Denn am Ende ist nicht entscheidend, wie nachhaltig der Verein aussieht. Sondern, wie er handelt, wenn keiner zuschaut.

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